Die Kraftwerksstrategie berücksichtigt noch nicht das Potenzial der Kraft-Wärme-Kopplung

Gastautor Portrait

Claus-Heinrich Stahl

Präsident des B.KWK (Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung e.V.)

Claus-Heinrich Stahl ist seit 2019 Präsident des Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung e.V. (B.KWK). Nach seiner Tätigkeit bei der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein in der sozioökonomischen Betriebsberatung folgten ab den 1980er Jahren Wärmepumpenbranche sowie Betriebsleiter und Prokurist in einem Ziegelverblend- und Hartsteinwerk. Seit 1995 bis heute ist er als selbstständiger Wirtschafts- und Unternehmensberater tätig. 2010 war er Gründungsmitglied des BHKW-Forum e.V. und wurde Mitglied im B.KWK, in dem er seitdem in wechselnden Positionen beschäftigt war. Er ist Mitglied im Energiebeirat Bayern, im Energiebeirat Rheinland-Pfalz und im Energiekonsens Schleswig-Holstein. Claus-Heinrich Stahl bei LinkedIn: https://de.linkedin.com/in/claus-heinrich-stahl-3b063b11a

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29. Oktober 2024
Foto: Shutterstock.com/Primus1

Als die Bundesregierung im Februar 2024 die Eckpunkte der lange erwarteten Kraftwerksstrategie bekannt gegeben hat, gab es einige Anpassungen zum vorherigen Entwurf. Unter anderen wurden Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) nicht mehr erwähnt. Das Kraftwerkssicherheitsgesetz (KWSG) ist ein Förderprogramm, das rein auf die Stromerzeugung und Förderung des Wasserstoffhochlaufs ausgerichtet ist. Die neuen Kraftwerke sollen bis 20 km vom Wasserstoffkernnetz entfernt gebaut werden.

KWK-Kraftwerke können hervorragend zur Deckung von Residuallasten ergänzend zu den Großkraftwerken der Kraftwerksstrategie eingesetzt werden. Dass durch den Bau teurer zentraler Großkraftwerke mit langen Realisierungszeiten nicht bestmöglich Back-Up-Kapazitäten zur Absicherung von Dunkelflauten entstehen, ist auch leicht nachvollziehbar.

Der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung e.V. (B.KWK) interpretiert die Aussagen zum Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) daher als vorsichtiges Zeichen der Politik, dass die benötige Kraftwerksleistung stattdessen durch eine Novelle und Verlängerung des KWKG geschaffen werden soll. Doch die Zeit drängt. Das KWKG läuft 2026 aus – und auch beim geplanten KWSG zur Umsetzung der Kraftwerksstrategie besteht für eine bestmögliche Ausgestaltung der Residualversorgung und zur Erreichung des Klimaneutralitätsziels 2045 noch Anpassungsbedarf.

In Bezug auf Kraft-Wärme-Kopplung sind noch Optimierungen nötig

Die im KWSG geforderte Mindestgröße von 10 MW könnte für kleinere KWK-Anlagen ein weiteres Problem darstellen, da viele der kleineren, dezentralen Anlagen die Grenze möglicherweise nicht erreichen und von der Förderung ausgeschlossen werden.

Claus-Heinrich Stahl

KWK kann durch die Kopplung von Strom und Wärme eine zentrale Rolle im dekarbonisierten Energiesystem spielen. Das KWSG zielt darauf ab, Versorgungssicherheit durch den Zubau neuer Technologien zu gewährleisten, die flexibel, umweltfreundlich und wasserstofffähig sind. KWK-Anlagen über 10 MW müssen diese Anforderungen ab 2028 als nachtrüstbar auf 100 % Wasserstoff erfüllen, um weiterhin förderfähig zu bleiben.

Das KWSG priorisiert neue Gaskraftwerke, ohne die spezifischen Vorteile von KWK, wie die Effizienz durch gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme, zu betonen oder zu fördern. Es fehlt unter anderem eine Abwärmenutzung, was ein zentraler Vorteil der KWK-Technologie ist. Abwärmenutzung könnte die Effizienz steigern und zur Dekarbonisierung beitragen.

Als Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung befürworten wir den Ausbau der KWK als hocheffiziente, flexibel und dezentral einsetzbare Technologie, unabhängig von der Art und der Größe der Anlagen, vom Einsatzbereich und vom verwendeten Energieträger.

Die im KWSG geforderte Mindestgröße von 10 MW könnte für kleinere KWK-Anlagen ein weiteres Problem darstellen, da viele der kleineren, dezentralen Anlagen die Grenze möglicherweise nicht erreichen und von der Förderung ausgeschlossen werden.

Dass der Bau neuer wasserstofffähiger Gaskraftwerke gefördert wird, ist mit der Zukunftsausrichtung der KWK-Anlagen zur Dekarbonisierung durch Wasserstoff kompatibel. Die verpflichtende Umstellung auf 100 % Wasserstoff könnte aber eine erhebliche technische und finanzielle Herausforderung für bestehende KWK-Anlagen darstellen, die noch auf fossilen Brennstoffen basieren.

Ein Blockheizkraftwerk nutzt das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung, um Strom und Wärme zu erzeugen

Foto: Stadtwerke Lemgo GmbH

Auch bei der Kraftwerksstrategie sollte die Gesamteffizienz betrachtet werden

Grundsätzlich sollte stärker berücksichtigt und gefördert werden, dass durch KWK eine höhere Gesamteffizienz erreicht wird, indem neben Strom auch Wärme bereitgestellt wird. Für die aus Sicht der Kraft-Wärme-Kopplung nachzubessernden Aspekte bei der Kraftwerksstrategie gibt es aber Lösungsansätze.

Die Einführung einer Verpflichtung zur Abwärmenutzung könnte die Effizienz erhöhen und die CO2-Bilanz verbessern. Kleinere KWK-Anlagen sollten durch eine Anpassung der Mindestgröße oder eine Aggregationsmöglichkeit berücksichtigt werden, um die Teilnahme auch für Betreiber dezentraler KWK-Systeme attraktiv zu machen.

Für KWK-Anlagen sollten längere Fristen oder Förderprogramme zur Wasserstoff-Integration angeboten werden, um die finanziellen und technischen Herausforderungen zu mildern. Ein Stufenplan könnte hier sinnvoll sein.

Eine schnelle Ausarbeitung des Kraftwerkssicherheitsgesetzes sowie die flankierende Verlängerung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes über 2026 hinaus sind wesentliche Schritte, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Details der Kraftwerksstrategie sollten dabei in enger Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), den betroffenen Branchenverbänden und der Bundesnetzagentur gestaltet werden. So wird die Energiewende erfolgreich gelingen.

Weitere Informationen: https://www.bkwk.de/

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